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LAOS
Fabeln
Der blaue Fluss

Neugierig war er. Hatte sich einfach losgerissen von der Leine und war weggesprungen. So weit er konnte.
Jetzt liegt er erschöpft auf einem Haufen Blätter. Um ihn herum ist es ungewöhnlich still. Kaum ein Vogel ist zu hören, kein Frosch quakt. Alles wie ausgestorben. Mit großem Getöse fliegen neben ihm zwei Kokosnüsse ins Gras, merkwürdig verschrumpelt.
Der kleine Affe hat Durst. Entsetzlichen Durst. Langsam bewegt er sich durch vertrocknete Lianen und hohe dürre Gräser. Da sieht er einen   tiefblau leuchtenden Bach. Er springt hinunter ans Ufer, steckt seine Hand ins Wasser und zieht sie schnell wieder zurück. Sie ist blau und brennt fürchterlich.
Langsam schleicht er weiter, findet aber keinen, den er nach Wasser fragen kann. Schließlich bleibt er liegen. Da kam ein kleiner Vogel geflogen und setzte sich neben ihn ins Gras. „Was machst du denn hier? Alle Tiere haben den Wald längst verlassen. Das Wasser des Flusses ist vergiftet, seitdem die Menschen in der Nähe eine Jeansfabrik gebaut haben.“
Der kleine Affe röchelte nur noch und verdrehte die Augen. Da hatte der Vogel Mitleid. Er nahm das Halsband des Affen, flog davon, und warf es vor den Eingang einer Villa des nächsten Dorfes. Ein Junge folgte dem Vogel zu dem Affen. Behutsam nahm er ihn auf und brachte ihn wieder zu seinem Käfig. Er legte ihm eine Kette um, gab ihm eine Schüssel Wasser, eine Banane und einen Spiegel: „Siehst du, Äffchen. Nur wir Menschen können für dich sorgen. Im Wald verhungerst du nur.“
Der kleine Affe schaute dem Vogel nach, der immer höher flog ...            

Martina Sylvia Khamphasith
23.09.2005