www.fotohaiku.com
Das Copyright für die Texte und Fotos
liegt bei Martina Sylvia Khamphasith
LAOS
Fabeln
Der gelehrige Affe

Ein Affe hatte zehn Jahre bei den Menschen verbracht. Als er alt und träge wurde und sie nicht mehr durch pausenlose Späße zum Lachen bringen konnte, zeigten sie kein Interesse mehr für ihn und gaben ihm nur noch Wasser und trockenen Reis. Der alte Affe wurde traurig und erinnerte sich immer öfter an seine Artgenossen daheim. Eines Tages lief er zurück in seinen Wald. Dort war noch alles beim Alten: Die Affen sprangen von einem Baum zum anderen, schaukelten an Lianen, aßen Bananen und tranken Wasser aus dem Fluss.
Dem alten Affen fiel es schwer, auf einen Baum zu klettern. Er sprach zu den anderen Affen: „Liebe Brüder und Schwestern, ihr habt die Zeit verschlafen. Ihr lebt immer noch auf Bäumen und trinkt Wasser aus dem Fluss. Ich will euch zeigen, wie man feste Häuser baut und Brunnen gräbt.“ Die meisten Affen hüpften kichernd davon und scherten sich nicht um den alten Affen. Ein paar aber blieben, denn ihnen hatte der alte Affe ein paar Spiegel und Plastikbälle geschenkt, die er aus der Stadt mitgebracht hatte.
Am nächsten Tag begannen sie, aus Balken und Stroh ein Haus zu bauen. Sie gruben einen Brunnen und installierten eine Pumpe.
Als der Brunnen fertig war, bot der alte Affe den anderen Affen an, Wasser von seinem Brunnen zu holen. Dafür brachten sie ihm frische Kokosnüsse mit. So lebten sie ein paar Wochen und der alte Affe überlegte, was er noch alles bauen lassen konnte. Asphaltierte Straßen wünschte er sich, Obst wollte er anbauen, das es im Wald nicht gab... Er lief zurück in die Stadt, um sich um Baumaterial und Baupläne zu kümmern. Als er wieder in seinen Wald kam, sah er, dass die Affen ihr Wasser wieder aus dem Fluss holten. Die Pumpe am Brunnen war kaputt und keiner konnte sie reparieren. Der alte Affe schimpfte die anderen Affen aus, die so achtlos mit der Pumpe umgegangen waren.
Über Nacht zog ein Unwetter auf. Der Wind fegte durch die Palmen und warf Kokosnüsse auf das dünne Strohdach des alten Affen. Es regnete tagelang und der nahe gelegene Fluss trat über die Ufer und überschwemmte den Wald. Das Wasser stieg, Der Brunnen war nicht mehr zu sehen. Und schließlich rissen die Fluten das Holzhaus des alten Affen mit sich. Der klammerte sich an einen Balken und schwamm davon.
Die Affen saßen auf den Bäumen und schauten ihm nach. Als die Kinder mit Bananenschalen nach ihm werfen wollten, konnten es die Eltern gerade noch verhindern...

Martina Sylvia Khamphasith
25.09.2005